Ein 70er-Jahre-Gebäude mit seiner prägenden Fassade architektonisch und technologisch in die heutige Zeit zu transformieren, ist ein Kunststück, das den Architekten von Burckhardt + Partner mit dem Basler Coop-Hochhaus stilsicher gelang. Auf höchstem Niveau zeigt sich hier ebenso die besonders energieeffiziente AEPLI-AIR-Control®-Fassade.
Download Objektbericht 03/21Wer mit dem Zug in Basel einfährt, dem sticht es sofort ins Auge: das markante Coop-Hochhaus im Stadtteil «Gundeli». Doch der 14-stöckige, 42 Jahre alte Hauptsitz der grössten Schweizer Detailhändlerin war in die Jahre gekommen und wurde daher grundlegend saniert. Die Sanierung umfasste die Erneuerung der ganzen Fassade, eines Teils der Haustechnik und die Neugestaltung der Büroflächen. Eine spannende Herausforderung dabei war die klare Vorgabe des Bauherrn und der Basler Stadtbildkommission, der Architektur aus den 70ern eine hohe Wertschätzung entgegenzubringen. So wurden die prägenden Elemente der Fassade zwar beibehalten, diese allerdings architektonisch und technologisch gekonnt in die heutige Zeit transformiert.
Moderner, heller, umweltfreundlicher – so präsentiert sich das sanierte Hochhaus konsequent von innen und aussen. Die neue Fassade besteht aus einer wartungsarmen Aepli-AIR-Control®-Fassade in Kombination mit Photovoltaikelementen in der Brüstungsverkleidung – eine Technologie, die bis zu 30% Heizenergie spart. Die ursprünglich kleine Fassadeneinteilung mit breiten Rahmenprofilen wurde durch grosszügige Elemente ersetzt. Die darauf angebrachten Photovoltaikmodule wurden so gestaltet, dass sie eine satinierte und bedruckte Glasoberfläche aufweisen und deshalb das gesamtheitliche Erscheinungsbild verstärken. Beeindruckend dabei ist, dass die energieeffizienten Photovoltaikmodule ca. 10 % des Strombedarfs des Gebäudes decken. Dank der deutlich grösseren Fensterflächen entstanden für die Mitarbeitenden auffallend helle und lichtdurchflutete Räume, die als Open-Space-Büros konzipiert wurden. Moderne Meetingzonen fördern zusätzlich den Austausch untereinander und es entstand Raum für ein Drittel mehr Arbeitsplätze.
Die bei diesem Objekt verbauten «Fenster» sind keine Fenster im herkömmlichen Sinne, sondern vielmehr grossformatige und aussen rahmenlose Glasfelder. Sie heben nicht allein die Attraktivität des Hochhauses auf ein neues Niveau, sondern sorgen auch für eine exzellente Arbeitsatmosphäre und eine spektakuläre Aussicht. Doch so viel Lichteinfall hat bekanntlich auch seine Schattenseiten. Die besondere Herausforderung bestand darin, den Spagat zwischen Leistung und Ästhetik der Fassade zu schaffen. Die Lösung war ein technisch anspruchsvoller Mix aus 2/3 Fensterfläche und 1/3 Photovoltaikelementen zur Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie. Ebenso technisch anspruchsvoll war die Montage: Die grossflächigen Photovoltaik-Elemente wurden ohne Unterkonstruktion direkt im Brüstungsband zwischen den Elementmodulen eingehängt.
Da das Gebäude während der gesamten Sanierung in weiten Teilen in Betrieb bleiben musste, wurde das Hochhaus geschossweise von oben nach unten umgebaut. Als perfektes Tool dazu nutzte Aepli Metallbau Mastkletterbühnen, die sich bei Installationen an hohen Gebäudefassaden als hoch effiziente und sichere Lösung erweisen. Die Baustelle wurde also ausschliesslich über aussen liegende Mastkletterbühnen und Plattformen erschlossen. Diese innovative, «gerüstlose» Methode der Fassadenmontage erforderte eine Sonderbewilligung. Der reibungslose Ablauf eines solch komplexen Bauvorhabens bedarf einer präzisen Planung und hoher Sorgfalt sowie Disziplin aller Beteiligten.
Als grösste Detailhändlerin der Schweiz mit rund 90’000 Mitarbeitenden erfüllt die Coop Genossenschaft auch beim Thema «Nachhaltigkeit» ihre Vorbildfunktion. 1973 wurde deshalb der Umweltschutz in den Statuten verankert. Die Coop Genossenschaft setzt sich nicht nur – in Kooperation mit ihren Partnern – für einen nachhaltigen Konsum ein und geht neue Umweltthemen früh und systematisch an. Sondern sie initiiert auch zukunftsweisende Projekte wie die Photovoltaikfassade des Coop-Hauptsitzes in Basel mit 10 % Deckung des Strombedarfs und 30 % weniger Energiebedarf für die Heizung. Auch Aepli Metallbau zieht voll mit: Auf unseren Produktionshallen in Gossau befindet sich eine Solarstromanlage mit 610 kW Leistung! Und auch beim anstehenden Neubau im Gebiet Sommerau ist der Einsatz modernster Solartechnik fix eingeplant.
«Ein Fassadenbau wie dieser ist Teamwork pur. Arbeiten alle zusammen, gelingen herausragende Projekte.» – Christian Löpfe, Projektleiter
Früh übt sich: Christian Löpfe baute schon von klein auf voller Begeisterung Häuser aus Legosteinen. Kein Kinderspiel hingegen sind die anspruchsvollen Objekte, die er heute als Projektleiter der Aepli Metallbau AG verantwortet. Das Rüstzeug dazu erwarb er bei der Lehre zum Metallbaukonstrukteur in unserem Unternehmen, gefolgt von einem erfolgreichen Studium an der Schweizerischen Metallbautechnikerschule SMT und beruflichen Stationen in China und England.
Isolierglas Fassadenelemente
Oberfläche Fassadenelemente
CCO, Megasol Energie AG
Im Interview mit Architekt Husmann erwähnt dieser die kaum sichtbare Smartness der Fassade. Wie wichtig ist das Design einer Solarfassade?
Die Fassade ist das Gesicht des Gebäudes und betont den architektonischen Ausdruck. Deshalb ist das Design bei Solarfassaden genauso wie bei konventionellen Fassaden ein entscheidender Faktor. Im Unterschied zu konventionellen Fassaden produziert eine Solarfassade Energie und bezahlt sich dabei selbst – und zwar ohne, dass man es ihnen ansieht.
Welches Potenzial bieten Solarfassaden, um mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien die Klimaziele zu erreichen?
Gemäss aktueller BFE-Studie beträgt das Gesamtpotenzial von Solarfassaden in der Schweiz über 100 km2. Voll ausgeschöpft könnten diese Flächen jedes. Jahr 17,2 TWh Strom produzieren. Dies ist mehr als die beiden grössten Schweizer AKW Gösgen und Leibstadt zusammen erzeugen.
Gesamtprojektverantwortlicher, Burckhardt+Partner
Die grösseren Fensterflächen werden im Bericht vor allem funktional begründet. Welche Wirkung haben diese auf die Wahrnehmung des Gebäudes als Ganzes?
Durch die rahmenlose Konstruktion, die vergrösserten Glasfelder, die Reduktion der Fensterteilungen und die rechtwinkligen – statt abgefasten – Gebäudeecken wurden die umlaufenden Fensterbänder deutlich abstrakter. Wir wollten den prägenden Zweiklang zwischen dem Hüllkörper und den aussen liegenden rohen Betonstützen dadurch stärker akzentuieren.
Sie haben das Gebäude aus architektonischer Sicht «in die heutige Zeit transferiert». Was heisst das in Bezug auf die Aussenwirkung?
Die umfassende technische Erneuerung der Gebäudehülle sollte sichtbar sein. Wir haben keinen rein restauratorischen Ansatz verfolgt. Die plane neue Doppelfassade unterscheidet sich deutlich von der 40 Jahre alten Vorgängerkonstruktion. Die mittlerweile stumpf gewordenen Alukofferbrüstungen wurden durch Mattglas-Photovoltaikelemente ersetzt. Die Aussenwirkung ist so insgesamt deutlich eleganter und feingliedriger, das Wechselspiel zwischen opaken Brüstungsbändern und den Fenstern blieb erhalten. Die Smartness der Fassade ist bewusst nicht prägend, so haben wir viel Aufwand in eine Lösung investiert, in der die Photovoltaikzellen auch im Nahbereich kaum sichtbar sind bei gleichbleibender Energieausbeute.
Was ist bei solchen Sanierungsaufgaben besonders herausfordernd, aber auch reizvoll für einen Architekten?
Im Entwurfsprozess hat uns das Austarieren zwischen Erhalten und Verändern begleitet. Ein respektvoller Umgang mit dem prägenden Zeitzeugen der späten 1970er-Jahre war uns von Beginn an wichtig. Gezielt haben wir Bauteile abstrahiert, Elemente feiner gefügt und die Materialvielfalt reduziert. Wir haben festgestellt, dass die stilbildenden Charakterzüge des Hochhauses so stärker hervorgehoben werden. Das klare Grundrisskonzept mit zentralem Kern und umlaufendem stützenfreiem Open-Space ist auch 40 Jahre nach Entstehung noch hochaktuell. Das ursprünglich von Gass+Boos Architekten erbaute Hochhaus führt vor, was mit Zukunftsfähigkeit von Architekturkonzepten gemeint ist.
Welche Rolle spielen Stadtbildkommission oder der Denkmalschutz in solchen Prozessen?
Unser Entwurf wurde intensiv mit der Stadtbildkommission diskutiert und zur heutigen Form entwickelt. In diesem Dialog sind auch die denkmalpflegerischen und bewahrenden Aspekte reflektiert worden. Themen wie Rhythmisierung, der Umgang mit der Gebäudeecke, die Staffelung von Fenster- und Brüstungselementen und die beinahe unsichtbare Integration der Photovoltaikzellen waren zentrale Themen in der Prozessbegleitung.
Wir machen Gebäude lebenswerter, sicherer und energieeffizienter. Entdecke, was möglich ist.