Im kommenden Jahr wird zum dreissigsten Mal der Studiengang Bauingenieur mit Vertiefung Gebäudehülle an der Hochschule Luzern durchgeführt. Aus diesem Anlass wurden Interviews mit ehemaligen Abgängern und deren Arbeiten gemacht, eines davon mit unserem Mitarbeitenden Josua Villiger.
Josua Villiger: Ich unterstütze unsere Team- und Projektleiter sowie Konstrukteure bei der Entwicklung von Konstruktionen, mache statische und bauphysikalische Nachweise, kümmere mich um Verbesserungsvorschläge von unseren internen Standards oder erstelle solche. Bei Forschungsprojekten bin ich als Projektleiter tätig. Ausserdem entwickle ich IT-Tools und Anwendungen für den internen Gebrauch.
Als gelernter Metallbaukonstrukteur war ich schon etwas vorbelastet. Nach der Lehre habe ich mich dann informiert was es alles so gibt; ein Studium mit Fachrichtung Metall- und Fassadenbau gibt es nur an der HSLU.
Die Studentenzeit war ein spezielles Erlebnis. Die persönlichen Kontakte mit den anderen Studierenden waren für mich sehr prägend. Die interdisziplinären Module mit den Architekten und den Gebäudetechnikern der HSLU habe ich noch gut in Erinnerung. Diese sind eine willkommene Abwechslung zu den fachlich vertieften Modulen und ich habe viel über die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen gelernt. Auch der Einblick in deren Arbeitsweisen und Hilfsmittel war sehr spannend. Dies hat mir in meiner praktischen Tätigkeit schon oft geholfen. Die Praxisnähe im Studium wurde immer wieder mit Bauteilversuchen im Labor, Exkursionen auf Baustellen oder durch die Analyse von bestehenden Gebäuden gelebt, was mir besonders gut gefiel. Das hat den theoretischen Alltag während des Studiums aufgelockert und gleichzeitig zum besseren Verständnis der Materie beigetragen.
Die Module überschneiden sich zu Beginn des Studiums noch fast vollständig mit jenen des klassischen Bauingenieurs. Ab dem dritten Semester kamen separate Module dazu, die uns auf die Arbeit im Fassadenbau vorbereiteten; unter anderem die Bemessung von Aluminium und Glas, aber auch Bauphysik und Konstruktion. Im Unterschied zum klassischen Bauingenieur, wo vorwiegend Beton und Stahl zum Einsatz kommen, werden in der Fassade noch viele andere Materialien verbaut, was sich auch im Studium widerspiegelt.
Die Arbeitssuche war für mich schnell abgeschlossen. Ich wollte zu der Firma Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG, habe mich dort beworben und die Stelle erhalten. Das ist sicher ein grosser Vorteil dieses Studiengangs; Bauingenieure mit einer Spezialisierung in Fassaden- und Metallbau sind sehr gesucht. In meinem Jahrgang hatte niemand Probleme, eine Stelle zu finden.
Der Berufseinstieg ist mir nicht schwergefallen. Mein ehemaliger Chef wusste, was er von mir respektive der Ausbildung erwarten konnte, da er selbst das Studium in Horw absolvierte. Zudem gab es auch ältere und erfahrene Ingenieure im Team, die mich bei Problemen unterstützten. Letzteres ist meiner Meinung nach insbesondere für Studienabgänger sehr wertvoll.
Bei uns, der Firma Aepli Metallbau AG, wird praktisch alles, was wir planen, auch tatsächlich gebaut; das heisst wir können Problemstellungen nicht in die nächste Planungsphase verschieben. Insofern ist das Arbeiten stets lösungsorientiert, teilweise pragmatisch und auch immer abgestimmt auf die Produktionsmöglichkeiten und die Termin- und Kostensituation. Als Ingenieur bin ich näher an der Materie und muss mich auch mit Detailfragen beschäftigen. In einem Planungsbüro, welches vom Wettbewerb bis zur Ausschreibung tätig ist, ist die Arbeit zumindest in den frühen Projektphasen mehr konzeptioneller Natur. Da werden Varianten evaluiert und verschiedenste Konzepte geprüft.
Ich unterstütze unsere Team- und Projektleiter bei den laufenden Projekten. Die Intensität des Austauschs ist stark abhängig vom jeweiligen Projekt. Bei technisch anspruchsvollen Projekten ist die Zusammenarbeit enger und wir entwickeln gemeinsam Lösungen. Parallel zum Alltagsgeschäft bin ich in verschiedene Forschungs- und Entwicklungsprojekte involviert. Ein Projekt davon ist zum Beispiel die STEP²-Unit am NEST der Empa in Dübendorf. Bei dieser Unit sind wir für die Planung, Entwicklung und den Bau der Fassade zuständig. Ein weiteres Aufgabengebiet von mir ist die Unterstützung bei der Digitalisierung unserer Prozesse. Die Firma Aepli Metallbau AG legt grossen Wert darauf, dass wir mit den technischen Entwicklungen Schritt halten oder gar einen Schritt voraus sind. Dies setzt jedoch auch voraus, dass die Prozesse entsprechend angepasst werden und die nötigen technischen Tools zur Verfügung gestellt werden. Da bin ich mit meinem Hintergrund als gelernter Konstrukteur, Ingenieur und Informatiker technisch gut aufgestellt.
«Einen eigenen Metallbauingenieur im Hause zu haben ist für unser Unternehmen sehr wertvoll. Die heutigen statischen und bauphysikalischen Anforderungen, die an Fassaden- und Metallbaukonstruktionen gestellt werden, können mit dessen Berechnungen nahezu vollumfänglich abgedeckt werden.» – Christian Löpfe, Teamleiter Fassadenbau, Aepli Metallbau AG
Das exklusivste Projekt war sicher das Uhrenmuseum für Audemars Piguet in Le Brassus, welches ich als Projektleiter bei Lüchinger + Meyer betreuen durfte. Das Ganzglasgebäude war in vielerlei Hinsicht speziell und wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Bereits in der Planungsphase mussten wir sehr spezielle Fragestellungen klären und Vortests durchführen. Die finale Konstruktion der tragenden Isolierglaseinheiten wurde dann auch 1:1 an der Hochschule Luzern in Horw getestet. Sehr zufriedenstellend finde ich Projekte, zu welchen ich eine persönliche Bindung habe und/oder welchen ich im Alltag begegne. Zum Beispiel der SQUARE der HSG St.Gallen ist ein solches Projekt. Es gibt aber auch kleine Projekte aus meiner Lehrzeit, an denen ich ab und zu vorbeikomme – das freut mich heute noch. Das speziellste aller Projekte wird sicher die Fassade unseres neuen Hauptsitzes werden, welche ich dann täglich sehe.
Die Anforderungen an die Fassade nehmen stetig zu. In meiner Lehrzeit vor bald 20 Jahren musste die Fassade wärmedämmend sein und «halten». Der effektive Wärmedämmwert und z.B. die Windwiderstandsklasse eines Elements waren damals noch von untergeordneter Bedeutung. Heutzutage muss immer mehr nachgewiesen werden; sei das der U-Wert der Fassade, die Tragsicherheit, die Gebrauchstauglichkeit, die Dauerhaftigkeit oder der Schalldämmwert. Die Liste ist nicht abschliessend und wird ständig erweitert. Viele dieser Nachweise kann der Fassadeningenieur erbringen.
Positiv ist die Vielfalt der Arbeiten. Ich habe das Glück, dass meine Stelle verschiedene Tätigkeitsbereiche aus Statik, Bauphysik, F&E und IT abdeckt und ich dadurch unterschiedlichste Arbeiten machen kann. Durch meine beratende Funktion erhalte ich Einblick in viele Projekte und habe einen guten Überblick, was wir wie schon einmal gebaut haben. Das ist nicht nur interessant, sondern hilft auch bei der Entwicklung von neuen Lösungen für andere Projekte. Nachteile am Ingenieurberuf sehe ich ehrlich gesagt keine.
Die Gebäudehülle ist, was die Materialisierung betrifft, sehr vielfältig. Ich denke es ist wichtig, dass man Interesse für die Planung und Verarbeitung von verschiedenen Materialien hat. Ein gewisses Interesse respektive Verständnis für Mathematik und Physik ist auf jeden Fall auch erforderlich. Dies ist nun mal die Grundlage für die Kernkompetenzen Statik und Bauphysik. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, sollte auch ein Interesse für die Digitalisierung, die sogenannten «Digital Skills», vorhanden sein.