Fachwissen Türtechnik- Anforderungen an Türen

Die Möglichkeiten und Anforderungen an Türen sind derart gestiegen, dass für die Planung das Fachwissen erfahrener Fachleute gefragter denn je ist. Nicht nur für grössere Objekte mit mehreren Türen. Schon bei einer einzelnen Tür erweist sich ein Konzept als sinnvolle Voraussetzung, um Fehler, Zeit und damit Kosten zu vermeiden.

Denn neben den konstruktiven Anforderungen müssen auch zahlreiche Normen berücksichtigt werden, die sich in der Praxis häufig in Wechselwirkung zueinander widersprechen können. Türen finden sich in unterschiedlichsten Einbausituationen mit vielfältigsten Anforderungen. Sie können Gebäudezugang, Notausgang oder Verbindung zwischen Raumbereichen mit verschiedenen Klimazonen sein. Sie müssen Vorgaben aus dem Brandschutz, Einbruchschutz, Wärmeschutz, Schallschutz und der Barrierefreiheit erfüllen, um nur einige Aspekte zu nennen. Die daraus resultierenden Anforderungen stehen in einer Wechselwirkung zueinander und können sich zum Teil widersprechen, wenn sie gleichzeitig an einer Tür aufeinandertreffen. Dies gilt beispielweise für Türen in Rettungswegen, die einerseits jederzeit von innen leicht und in voller Breite zu öffnen sein müssen, häufig jedoch gleichzeitig aus versicherungstechnischen Gründen verriegelt sein sollen. Ein weiteres typisches Beispiel sind schwere Türen zwischen Brand abschnitten, die einerseits selbstschliessend sein müssen, für einen reibungslosen Betriebsablauf gleichzeitig eigentlich offen stehen sollten. Vor diesem Hintergrund haben sich Türen vielfach zu hochkomplexen Systemen entwickelt, die im Planungs- und Bauprozess nur noch schwer zu überblicken sind.

Wie Türen nicht mehr zum leidigen Thema werden

Bei grösseren Bauvorhaben werden Türen meist in so genannten Türmatrixen erfasst, die für jede einzelne Tür Angaben zur Lage, Einbausituation, Geometrie, zu den Materialeigenschaften, zur Gestaltung, zur technischen Ausstattung und zu den besonderen Anforderungen etc. enthalten. Für eine Tür ergeben sich hier leicht 50 Parameter, die wiederum in verschiedenen Gewerken berücksichtigt und widerspruchsfrei ausgeschrieben werden müssen. Viele Probleme bei der Realisierung komplexer Türsysteme entstehen durch die fehlende ganzheitliche Betrachtung und die daraus resultierende mangelhafte Abstimmung der Türtechnik.

Brandschutz

Eine der ältesten und wirksamsten Massnahmen zum vorbeugenden Brandschutz ist die Abgrenzung einzelner Brandabschnitte gegenüber anderen Gebäudeteilen oder anderen Gebäuden. Die Brandabschnitte werden mithilfe raumabschlies-sender Bauteile mit Widerstand gegen Feuer und/oder Rauch voneinander getrennt. Dazu gehören unter anderem auch Türen. Diese sollen den Brand während einer definierten Zeit auf den definierten Brandabschnitt begrenzen. Brandschutztüren bilden eine Einheit aus Türrahmen, Türblatt und den für die Funktion erforderlichen Beschlägen; zudem müssen Brandschutztüren grundsätzlich selbstschliessend sein – bis auf ein paar wenige, bewilligungspflichtige Ausnahmefälle. (Ausgenommen sind Türen zu Wohnungen, Schulzimmern, Einzelbüros und technische Räume.) Früher wurden Brandschutztüren nach nationalen Vorschriften geprüft, heute nach Europäischen Normen. Zudem muss heute jede Brandschutztür mit einer so genannten Brandschutzplakette gekennzeichnet sein, damit die Rückverfolgbarkeit über Einbau, Produktion, Planung, verwendete Bestandteile bis hin zur Brandprüfung durch den Zulassungsinhaber sichergestellt werden kann. Wenn im Einzelfall Brandschutztüren von der hinterlegten VKF-Anerkennung abweichen, muss seit dem 1. Januar 2015 ein Antrag an die örtliche Brandschutzbehörde eingereicht werden. Die Eignung der Brandschutztür muss nach Erfahrung und dem Stand der Technik nachgewiesen werden können. Dies auf Basis bestehender Versuchsresultate oder durch rechnerische Bestimmungen.

Türen in Fluchtwegen

Die einheitlichen EU-Normen für die Ausstattung von Fluchttüren unterscheiden dabei zwischen Notausgangstüren (SN EN 179) und Paniktüren (SN EN 1125). Ein weiteres wesentliches Merkmal ist die «geprüfte Einheit»: Schloss, Beschlag und Montagezubehör werden als Einheit geprüft, gekennzeichnet und müssen als Einheit montiert werden. Notausgänge nach SN EN 179 sind für Notfälle vorgesehen, in denen Paniksituationen nicht wahrscheinlich sind. Als Bedienelemente sind Drücker oder Stossplatten vorgeschrieben. Falls vorhersehbar ist, dass Menschen im Fall einer Panik gegen das Türblatt drücken, sollte ein Paniktürverschluss nach SN EN 1125 verwendet werden. Paniktüren nach SN EN 1125 sind an Orten zum Einsatz vorgesehen, an denen es zu Paniksituationen kommen kann. In Paniksituationen ist das Verhalten einer Person anders als das Verhalten einer Menschengruppe. Hier sind Stangengriffe oder Druckstangen als Bedienelemente anzuwenden. Letztlich entscheidet die Brandschutzbehörde objektbezogen, auf Grund ihrer Kriterien, über die Anwendung des geeigneten Verschlusses für Türen in Fluchtwegen.

Barrierefreies Bauen

Barrierefreiheit ist nicht nur wichtig für Personen mit Rollstuhl, sondern auch für Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung, mit einem Handicap aufgrund von Krankheit oder Alter, für Kleinkinder oder für Leute mit schweren Lasten. Das barrierefreie Bauen gewinnt zusehends an Bedeutung und gesellschaftlicher Akzeptanz. Türen nehmen dabei eine zentrale Stellung ein. Denn über Türen erhalten wir einerseits Zugang ins Gebäude, anderseits zu unserer Wohnung und den Räumen darin. In vielen Fällen stellt aber bereits der Zugang ins Haus die erste Hürde dar. Eine zu enge oder schwergängige Tür, nicht erreichbare Drücker bzw. hohe Bedienkräfte scheinen auf den ersten Blick Kleinigkeiten zu sein. Sie können jedoch Menschen mit Einschränkungen den Alltag unnötig erschweren. Ist an Türen ein Türschliesser gefordert, so ist zu berücksichtigen, dass sich dabei die Öffnungskräfte erhöhen. Diese Kraft des Türschliessers muss von Bedienern der Tür überwunden werden können. Nicht auf die Türgrösse abgestimmte Türschliesser, unsachgemässe Montage und Einstellung des Türschliessers können zu Problemen führen. Das Öffnen und Schliessen von Türen muss auch mit geringem Kraftaufwand möglich sein. Das wird erreicht mit Bedienkräften und -momenten der Klasse 3 nach SN EN 12217 (z. B. 25 N zum Öffnen des Türblatts bei Drehtüren und Schiebetüren), andernfalls sind automatische Türsysteme erforderlich. Deshalb sollte auch ein Türschliesser so eingestellt werden, dass das Öffnungsmoment der Grösse 3 nach SN EN 1154 nicht überschritten wird. Dem Schwellenbereich ist im Hinblick auf barrierefreies Konstruieren besondere Beachtung zu schenken. Die beste Lösung für barrierefreie Türen wäre natürlich immer die schwellenlose Lösung, was bei Aussentüren nicht immer von Vorteil ist: Undichtigkeit, Einbruch etc. Aus Gründen der Sicherheit ist eine Schwelle empfehlenswert; sie sollte aber eine Höhe von 25 Millimetern nicht überschreiten.

Einbrüche verhindern

Die Schweiz ist Europameisterin bei der Zahl von Einbrüchen. Fast die Hälfte aller Täter steigt durch die Tür ein. Die Statistik zeigt, dass in erster Linie Ein- und Mehrfamilienhäuser betroffen sind; aber auch grössere Objekte sind zunehmend Ziele von Einbrechern. In der EU sieht es nicht viel besser aus. Deshalb wurden die Standards für Sicherheit gegenüber den ursprünglichen Schweizer Anforderungen teilweise erhöht. Die Norm SN EN 1627-1630 definiert nun die Widerstandklassen von Türen, die Widerstandsdauer, aber auch Tätertypen und deren Vorgehen. Diese Widerstandsklassen werden seit 2011 mit «RC» für «Résistance Class» bezeichnet. Als einbruchhemmende Türen der Widerstandklassen RC 1–6 gelten nur jene, die durch ein akkreditiertes Institut geprüft und mit einem Prüfzeugnis ausgewiesen worden sind. So ist sichergestellt, dass es in der Gesamtkonstruktion (Türblatt, Rahmen Schloss und Beschlag) keinen Schwachpunkt gibt. Besondere Beachtung sollte man Flucht türen schenken, denn diese benötigen in der Regel eine Polycarbonat-Verglasung oder eine klassifizierte, nichttransparente Füllung. Der Fusspunkt muss zudem als Schwelle mit Anschlag ausgebildet werden, damit der innere Drücker nicht durch ein spezielles Werkzeug betätigt werden kann (Panikfunktion).

SN EN 179SN EN 179:2008
Schlösser und Baubeschläge – Notausgangsverschlüsse mit Drücker oder Stossplatte für Türen in Rettungswegen – Anforderungen und Prüfverfahren
SN EN 1125SN EN 1125:2008
Schlösser und Baubeschläge – Paniktürverschlüsse mit horizontaler Betätigungsstange für Türen in Rettungswegen – Anforderungen und Prüfverfahren
SN EN 1154SN EN 1154:1996/A1:2002/AC:2006
Schlösser und Baubeschläge – Türschliessmittel mit kontrolliertem Schliess-ablauf – Anforderungen und Prüfverfahren
SN EN 1627SN EN 1627:2011
Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Anforderungen und Klassifizierung
SN EN 1628SN EN 1628:2011
Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Prüfverfahren für die Ermittlung der Widerstandsfähigkeit unter statischer Belastung
SN EN 1629SN EN 1629:2011
Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Prüfverfahren für die Ermittlung der Widerstandsfähigkeit unter dynamischer Belastung
SN EN 1630SN EN 1630:2011
Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Prüfverfahren für die Ermittlung der Widerstandsfähigkeit gegen manuelle Einbruchversuche
SN EN 12217SN EN 12217 :2005
Türen – Bedienungskräfte – Anforderungen und Klassifizierung

Tabelle: Verzeichnis der beschriebenen Normen

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