Am Forschungs- und Innovationsgebäude NEST wird wieder gebaut. Die neue Unit nennt sich STEP2. Im Laufe eines dreijährigen Projekts haben Partner, dabei ist auch die Aepli Metallbau AG, aus verschiedenen Disziplinen Innovationen mit hohem Marktpotenzial entwickelt. Diese Innovationen werden nun erstmals in einem realen Bauprojekt umgesetzt.
NEST, das Forschungs- und Innovationszentrum von Empa und Eawag, hat das Ziel, den Innovationsprozess im Baubereich zu beschleunigen. Dazu werden regelmässig neue Bauelemente, sogenannte Units, im NEST integriert und in Betrieb genommen. Diese Projekte bieten Partnern aus Forschung und Industrie die Gelegenheit, neue Ideen auszuprobieren und ihre Innovationen in einer realen Umgebung weiterzuentwickeln. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass die Units nicht nur zu Testzwecken errichtet werden, sondern nach ihrer Fertigstellung auch genutzt werden, sei es als Büros oder Wohnungen. Der Baubeginn der neuesten NEST-Unit STEP2 hat gerade begonnen und die Fertigstellung ist für den Frühling 2024 geplant.
«Schon in den allerersten Gesprächen zu STEP2 wurde als Hauptziel festgelegt, dass wir nur bauen werden, was in der Baubranche auch tatsächlich eine Zukunft haben wird. Aus diesem Grund haben wir jede Innovation genauestens auf ihre Marktrelevanz überprüft», erklärt Enrico Marchesi, Innovation Manager NEST und Projektverantwortlicher seitens Empa. Damit dieses Ziel auch erreicht werden konnte, wurde ein konsequenter «Co-Creation»-Ansatz verfolgt. «Wir sind überzeugt davon, dass wahre, marktfähige Innovation nur entstehen kann, wenn Akteure entlang der gesamten Wertschöpfung auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Als fester Bestandteil der Schweizer Forschungs- und Innovationsgemeinschaft ist es uns deshalb ein grosses Anliegen, gemeinsam mit unseren Partnern schon früh zukunftsträchtige Lösungen zu erkennen, die wirtschaftliches Potenzial aufweisen – und mit unserem Know-how dazu beizutragen, dass diese Innovationen in die Realität umgesetzt werden», sagt Olivier Enger, Senior Innovation Manager bei BASF.
BASF ist der Hauptpartner der Unit und trägt massgeblich mit Know-how, Netzwerken und nachhaltigen Materialien zum Erfolg des Projekts bei. Dieser Ansatz hat sich ausgezahlt, denn die Projektpartner aus verschiedenen Disziplinen konnten in den drei Jahren der Planung wegweisende Neuerungen entwickeln. «Ich freue mich enorm, dass wir nun die gemeinsam erarbeiteten Lösungen in ein reales Gebäude überführen können», sagt der leitende Architekt Silvan Oesterle vom Architekturbüro ROK.
Im ersten Stock der zweigeschossigen Unit wurde eine neuartige Rippen-Filigrandecke verbaut, die gemeinsam von ROK, dem Ingenieurbüro WaltGalmarini AG und der Stahlton Bauteile AG entwickelt wurde. Die Decke soll Spannweiten zwischen 8 und 14 Metern erlauben, wodurch sie ideal im Büro- und Hochhäuserbau eingesetzt werden kann. Mittels 3D-gedruckten Schalungen wurden die einzelnen Elemente im Werk von Stahlton vorfabriziert. Diese Schalungen sind zu 100 Prozent mineralisch und kreislauffähig. Danach wurden die Elemente zum NEST transportiert und in der Unit montiert.
Durch die Kombination von digitaler Planung und 3D-Druck konnten der Materialverbrauch und somit auch die CO2-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Beton-Fertigdecken um bis zu 50 Prozent reduziert werden. Durch den Einsatz des zirkulären Betons der zirkulit AG wurde die Nachhaltigkeit zusätzlich gesteigert, indem dieser den Mindestzementgehalt unterschritt und erst noch CO2 speichert. Eine weitere Besonderheit: In die Decke wurde eine Akustiklösung integriert. Diese besteht aus 3D-gedruckten Boxen, die mit dem Absorberschaum Cavipor® von BASF ausgestattet sind und trotz schallharter Oberflächen für eine angenehme Raumakustik sorgen.
Das zweite Stockwerk der STEP2-Unit wird zukünftig über eine Betontreppe namens «Cadenza» zugänglich sein. Das Projektteam setzt sich zusammen aus Expertinnen und Experten von ROK, dem Lehrstuhl «Digital Building Technologies» der ETH Zürich, der BASF-Tochtergesellschaft BASF Forward AM, dem 3D-Druckunternehmen New Digital Craft, dem Betonfertigteile-Hersteller SW Umwelttechnik, der WaltGalmarini AG und dem Empa-Spin-off «re-fer».
Auch bei diesem Innovationsprojekt wurde das volle Potenzial von computergestütztem Design und 3D-Druck ausgeschöpft. Der Einsatz von 3D-gedruckten Schalungen ermöglichte die Schaffung komplexerer Formen, als mit herkömmlichen Sonderschalungen möglich gewesen wäre. Gleichzeitig konnten diese mehrfach wiederverwendet werden, was den Materialverbrauch sowohl bei der Treppe als auch bei den Schalungen erheblich reduzierte. Die vorgefertigten Treppenstufen wurden an der Empa in Dübendorf zusammengesetzt, mittels der Vorspanntechnik von «re-fer» fixiert und als ein Bauteil in der Unit verbaut. Der Vorteil dieses Ansatzes besteht darin, dass die einzelnen Stufen einfach demontiert und wiederverwendet werden können, da sie miteinander verknüpft sind. Die Treppe zeigt eindrucksvoll, wie massgeschneiderte und ressourcenschonende Betonelemente mit diesem entwickelten Ansatz realisiert werden können.
Gebäudehüllen bieten grosses Potenzial zur Energieoptimierung und zur Steigerung des Nutzerkomforts. STEP2 befasst sich deshalb damit, die Entwicklung von Innovationen im Bereich der Gebäudehülle zu beschleunigen. Mithilfe der Expertise der Aepli Metallbau AG wurde die Fassade so konzipiert, dass mit minimalem Aufwand ganz unterschiedliche Einbauten getestet werden können. Dies ermöglicht es NEST-Partnern, neue Technologien und Materialien einfach zu integrieren und zu validieren. Gleichzeitig soll eine neue Lösung von Aepli Metallbau AG für «Closed-Cavity»-Fassaden (Doppelhaut-Fassaden) zur Anwendung kommen, durch die auf eine mechanische Konditionierung des Elementzwischenraums vollständig verzichtet werden kann.
Um sicherzustellen, dass die Unit so energieeffizient wie möglich betrieben werden kann und sich die Nutzer gleichzeitig möglichst wohlfühlen, hat die WaltGalmarini AG ein umfassendes Energie- und Behaglichkeitskonzept entwickelt. Dieses Konzept zielt darauf ab, das optimale Zusammenspiel verschiedener Komponenten zu gewährleisten. Dazu gehören automatisierte Fassadenklappen, thermisch aktivierte Masse und hochwärmedämmende Verglasungen. Das für STEP2 entwickelte Lichtkonzept von Bartenbach soll zusätzlichen Komfort bieten.
NEST ist das modulare Forschungs- und Innovationsgebäude der beiden Schweizer Forschungsinstitute Empa und Eawag. Es wurde 2016 auf dem Empa-Campus in Dübendorf eröffnet. Im NEST arbeiten mehr als 150 Partner aus Forschung, Wirtschaft und öffentlicher Hand eng zusammen. Neue Technologien und Baukonzepte werden im NEST unter realen Bedingungen getestet, weiterentwickelt und im Praxisalltag demonstriert. Dies führt dazu, dass innovative Bau- und Energietechnologien schneller auf den Markt kommen.