Bedrucktes Glas – dank digitaler Fertigung. Das gestalterische Potenzial von Glas

Glas findet in der modernen Architektur vielseitige Anwendungsmöglichkeiten. Dank ständigem Fortschritt in der Bearbeitung und Veredelung erfüllt Glas heute nicht bloss den Wunsch nach Licht, Wärme und Sicherheit, sondern überzeugt auch mit einem enormen gestalterischen Potenzial. Zum Einsatz kam dieses Know-how auch beim neuen FIFA World Football Museum in Zürich, mit 400 individuell bedruckten Gläsern für die Fassade.

Bereits in den Ursprüngen des Materials erkannten die Menschen den künstlerischen Wert von Glas. Moderne Bedruckungstechnologien erlauben heute eine grosse Vielzahl an Mög-lichkeiten, Glas als kreatives Element in der Innen- und der Aussenarchitektur zu nutzen. Den schöpferischen Ideen sind dabei beinahe keine Grenzen gesetzt: Von schlichten einfarbigen Fronten bis hin zu raffinierten Licht- und Farbspielereien lassen sich Architekturkonzepte mit bedrucktem Glas realisieren. Bedrucktes Glas ist Ausdruck von Persönlichkeit. Sei es, um Corporate Designs zu unterstreichen, Informationen zu vermitteln oder um dekorative und funktionelle Aufgaben zu erfüllen.

Sichtschutz

Bedrucktes Glas eignet sich hervorragend für den diskreten Sichtschutz in allen Bereichen – sei es im Eigenheim, in der Arbeitswelt, in Restaurants oder in öffentlichen Gebäuden. Mit entsprechenden Mustern lässt sich der Durchblick fein abstufen. Die Wahl des Druckverfahrens, des Bedruckungsgrads und der Farbe hat Einfluss auf die Lichtdurchlässigkeit des Glases. So können Räume trotz Bedruckung mit viel Tageslicht erhellt werden.

Sonnen- und Blendschutz

Für den aktiven Sonnenschutz hat sich bedrucktes Glas längst durchgesetzt. Es erspart einerseits bauliche Eingriffe in die Architektursprache und ersetzt anderswo aufwendige oder auffällige bauliche Massnahmen. Auch für einfachen, unauffälligen Blendschutz hat sich bedrucktes Glas bestens bewährt.

Aktive und passive Sicherheit

Dank stetiger Weiterentwicklung erfüllt das Material auch Anforderungen von aktiver und passiver Sicherheit. Um zusätzlichen Schutz und Sicherheit zu gewährleisten, kann bedrucktes Glas je nach Druckverfahren zu Einscheibensicherheitsglas (ESG), teilvorgespanntem Glas (TVG) und/oder Verbundsicherheitsglas (VSG) weiterverarbeitet oder kombiniert werden. Somit lassen sich kreative Ideen und gesamtheitliche Konzepte auch auf Anwendungen ausweiten, an die höhere Sicherheitsanforderungen gestellt werden. Beispielsweise für Schaufenster, Türen, Trennwände, Geländer und Brüstungen sowie Treppen-, Boden- und Überkopfverglasungen.

Kundenspezifische Designentwicklungen und Bedruckungstechnik

Drucktechniken lassen sich miteinander kombinieren, um besondere Effekte mit Licht, Farbe und Durchsicht zu erzielen oder ganz individuelle Kreationen zu schaffen. Die Verwendung spezieller Glasarten wie Spiegel oder Designgläser sowie Oberflächenbehandlungen, wie Ätzen oder Sandstrahlen, bieten kreativen Köpfen zusätzlichen Gestaltungsspielraum. Die Wahl der Bedruckungstechnik ist abhängig vom Einsatzbereich und von den Bedürfnissen. Zur Auswahl stehen: Siebdruck auf Glas mit Keramikfarbe, Walzendruck auf Glas mit Keramikfarbe, Spritzen auf Glas mit Keramikfarbe, Spritzen auf Glas mit organischer Farbe, Digitaldruck auf Glas mit Keramikfarbe sowie Digitaldruck auf Verbundsicherheitsglas-Folie.

FIFA-Museum als Herausforderung

Das neue FIFA World Football Museum in Zürich ist an sich schon ein ganz besonderer Bau. Innert zweieinhalb Jahren wurde geplant und umgebaut. Dass die Fassade eine besondere Rolle spielen würde, war bald klar. Denn es galt, einen Sichtschutz zu entwickeln, der gleichermassen die Sicht nach innen wie nach aussen beeinträchtigen sollte: von aussen gebremste Einsicht ins Museum, von innen leichte Abschirmung vom Aussengeschehen. So entstand eine Art imaginärer Vorhang für die «Bühne». Christoph Schneider von SAM Architekten und Partner AG sagt dazu: «Mit der Gestaltung der Glasfassade im Sockelbereich haben wir ein Motiv entwickelt, das durch seine wellenförmige vorhangähnliche Gestalt die wenig genutzten Bereiche geschickt überspielt und gleichzeitig die horizontale Wirkung des Sockels unterstreicht.»

Die Umsetzung

Speziell an diesem Auftrag war für Ralph Hubmann von Aepli Metallbau, dass für jedes einzelne bedruckte Glas eine eigene Produktionszeichnung angefertigt werden musste. Für Hans Grüninger, WBG AG, visuelle Kommunikation, war es die Struktur des Rasters. Aufgebaut auf einem einheitlichen Achsabstand variieren die einzelnen Rasterrechtecke in ihren Dicken. Die sich in der Vertikalen linear immer gleich breit verhaltenden Elemente werden in der Horizontalen breiter und schmaler, von einer Mindestbreite zu einer Maximalbreite. Das alles aber in un-regelmässig langen Abläufen. Hans Grüninger: «Damit wollten wir einen imaginären Vorhang für die ‹Bühne› des Museums nachempfinden. Das hiess aber, dass der Rasterablauf nicht ein gleichmässig wiederholter Rapport sein durfte, sondern ein ungleichmässiger Rapport, der in einem freien Rhythmus rund ums Gebäude ver-läuft.» Demzufolge enthält jedes Fenster einen anderen Rasterablauf, der einzig nahtlos demjenigen des vorangehenden Fensters folgt und ihn weiterführt. Neben dem fertigen Gebäude waren am Schluss für die Wand- und Isolierverglasung 400 mit Keramikfarben bedruckte Gläser eingebaut – und jede Scheibe ist ein Unikat. Die Gestaltungsmöglichkeiten beim digitalen Drucken auf Glas mit Keramikfarben sind praktisch unbeschränkt. Doch beim FIFA-Museum sollte ein besonderer Effekt erzielt werden. Aber der Teufel steckt ja bekanntlich im Detail.

Präzision

Die besonderen technischen Herausforderungen waren die nahtlosen Rasterübergänge vom einen zum anderen Glas. Zwischen den Gläsern gibt es einzig die kurzen Unterbrüche der Kittfugen, die vom überspannenden Raster jedoch kaschiert werden. Dazu gehört auch die Präzision des Digitaldrucks. Die Kanten der unterschiedlich breiten Rasterrechtecke mussten gestochen scharf appliziert sein. Der Raster wurde mit 70% Weissdeckung, also leicht transluzent auf Schicht zwei der Gläser siebbedruckt: auf die Innenseite des äussersten Glases. Nebst der präzisen Schärfe der Druckkontur war eine absolute Standgenauigkeit des Rasters erforderlich, damit der Raster bei den Glasübergängen vertikal keine Differenzen aufweist und auf- und abspringt.

Lichtstreuung durch Bedruckung

Der Druck erfolgt immer auf die Feuerseite (obenliegende Seite bei der Glasherstellung). Bedrucktes Glas hat dieselben Brucheigenschaften wie unbedrucktes Glas: Einscheibensicherheitsglas (ESG) oder teilvorgespanntes Glas (TVG). Die Festigkeitswerte sind jedoch reduziert, zum Beispiel bei ESG nur noch 75N/mm² anstelle von 120N/mm². Beim Druck beträgt die Schichtdicke 40–60μm; jede Art von Motiv ist möglich, bis zu einer maximalen Abmessung von 280×600cm. Dabei gibt es weitere Merkmale zu beachten: Die keramischen Farben sind dauerhaft, abriebfest, lichtecht und weitgehend lösungsmittelbeständig auf dem Glas aufgebracht. Es ist nur ein jeweils einfarbiger Druck möglich. Alle Farben sind nach gängigen Farbsystemen realisierbar, wobei gewisse Pink-, Lila- und Rottöne nicht möglich sind. Bedrucktes Glas ist bei gezielter Anwendung ein wirksames Inst-rument der Lichtstreuung: Dunkle Farben lassen weniger Licht durch als helle Farben und je niedriger der Bedruckungsgrad ist, desto höher ist die Lichtdurchlässigkeit. Grundsätzlich gilt, dass beliebige Formen möglich sind.

Herausforderung Moiré-Effekt

Das besondere Design der bedruckten Gläser kann zu einem sogenannten Moiré-Effekt führen, der zum Beispiel durch Verdrehung übereinanderliegender Raster oder eine ungleiche Teilung der übereinanderliegenden Raster entstehen kann. Dieser Effekt kann unter Umständen zu Schwindel und Übelkeit führen. Christoph Schneider, SAM Architekten und Partner AG: «Grundsätzlich war die Aufgabe, alle geltenden Normen und Empfehlungen einzuhalten.» Dennoch wurde mit den zuständigen Ämtern insbesondere die Wirkung der Bedruckung der Gläser von innen für die Angestellten diskutiert. Hans Grüninger, WBG AG, visuelle Kommuni-kation, ergänzt: «Unsere Rasterdesigns wurde vom Amt für Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich geprüft.» Dabei sei die Verträglichkeit für Mitarbeiter hinterfragt worden, die dauernd hinter rasterbespielten Räumen arbeiten. Im Zuge dieser Untersuchung mussten an einzelnen Stellen Korrekturen vorgenommen und im Küchenbereich gar ganz auf das Raster verzichtet werden.

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