NEST-Unit «STEP2» eröffnet

Eine digital gefertigte Treppe, die sich in den zweiten Stock windet. Eine hauchdünne, perforierte Betondecke, die den Schall absorbiert. Eine von Aepli Metallbau neu entwickelte Doppelhautfassade mit integrierter Beschattung und kontrollierter natürlicher Lüftung. Boden- und Wandmaterialien aus rezyklierten Abfallstoffen. Das neueste Gebäudemodul im Forschungs- und Innovationsgebäude NEST an der Empa ist ein Leuchtturm für materialsparende und energieeffiziente Bautechnologien. Heute wird die Unit «STEP2» offiziell eröffnet.

Neue Technologien für ressourcenschonendes Bauen zur Marktreife entwickelt


In der Schweiz verschlingt der Bausektor mit Abstand am meisten Rohstoffe, verursacht das grösste Abfallaufkommen und ist verantwortlich für ein Drittel aller CO2-Emissionen. Mit dem modularen Forschungs- und Innovationsgebäude NEST setzt sich die Empa gemeinsam mit über 150 Partnern aus Forschung, Wirtschaft und der öffentlichen Hand seit über acht Jahren dafür ein, dass neue Technologien und Materialien für ein ressourcenschonendes Bauen soweit entwickelt werden, dass sie den Sprung in den Markt schaffen.
Jüngstes Beispiel dafür ist die Unit «STEP2», die heute offiziell eröffnet wird. Das zweistöckige Gebäudemodul ganz oben in der Südostecke von NEST vereint eine Reihe von Innovationen, die allesamt zum Ziel haben, den Material- und Energieverbrauch zu senken und einen kreislaufgerechten Umgang mit unseren Ressourcen zu fördern. «Gleichzeitig ist es uns ein grosses Anliegen, dass wir Lösungen entwickeln, die marktfähig sind und in der Baubranche tatsächlich eine Zukunft haben», sagt Enrico Marchesi, Innovation Manager im NEST. Im Dreiergespann mit dem Hauptpartner BASF und dem Architekturbüro ROK hat das NEST-Team der Empa deshalb jede Idee genauestens auf Marktrelevanz überprüft und mit den weiteren Partnern reale «Business Cases» entwickelt. «Für uns als Hauptpartner dient die ‹STEP2›-Unit dazu, das breite Chemie-Know-how von BASF in Zusammenarbeit mit den anderen Partnern in konkrete, neue und nachhaltige Lösungen für den Bausektor einfliessen zu lassen. Wir sind überzeugt davon, dass wahre, marktfähige Innovation nur entstehen kann, wenn Akteure entlang der gesamten Wertschöpfung auf Augenhöhe zusammenarbeiten», sagt Olivier Enger, Senior Innovation Manager bei BASF.
Entsprechend verfolgte das Team von Anfang an einen – für ein Bauprojekt eher unüblichen – Co-Creation-Ansatz. «In der Praxis eines solchen Bauprojekts erfordert das engste Zusammenarbeit aller Beteiligten von der Konzeption bis zur Umsetzung», sagt Architekt Silvan Oesterle von ROK. Bereits vor der ersten Skizze sassen alle relevanten Akteure an einem Tisch und diskutierten mit. «Nur so konnten wir sicherstellen, dass wir bei der Integration von neuen Technologien ins Bauprojekt alle wichtigen Aspekte berücksichtigen», erklärt Oesterle und nennt dieses Konzept «integrierte Architekturentwicklung». Resultat dieses Vorgehens sind funktional und ästhetisch einzigartige Bauinnovationen, die nun in der neuen NEST-Unit «STEP2» zu finden sind.

Ganzheitliches Energiekonzept und adaptive Fassade

Das Ingenieurbüro WaltGalmarini hat für die Unit ein umfassendes Energie- und Behaglichkeitskonzept entwickelt. Die Fassade ist das zentrale Element, wenn es darum geht, das Raumklima zu optimieren und gleichzeitig die Energieeffizienz des Gebäudes zu steigern. Zum Einsatz kommt eine von Aepli Metallbau neu entwickelte Doppelhautfassade mit integrierter Beschattung und kontrollierter natürlicher Lüftung. Die Fassade ist selbst eine Versuchs- und Entwicklungsplattform: Mit wenig Aufwand können in den kommenden Jahren einzelne Module ausgewechselt und dadurch neue Technologien verbaut werden. In einer ersten Phase kommt etwa ein Fensterelement von New Digital Craft mit integrierter, 3D-gedruckter Struktur zum Einsatz, die dem Sonnenverlauf angepasste Beschattung liefert. Dafür brachte BASF im Bereich der digitalen Produktionstechnologien innovative 3D-Druckmaterialien ein, die zudem auch für den Druck der Treppenschalung verwendet wurden.

Vom Abfall zum Rohstoff – wiederverwerten statt entsorgen

Nach den Prinzipien des Upcyclings hat BASF gemeinsam mit Partnern Verfahren und Materialien entwickelt, um aus Abfallstoffen leistungsfähige Oberflächenbeläge zu schaffen. Die Kombination bestehender Verarbeitungstechnologien mit neuer Bindemitteltechnologie und (Rest-)Rohstoffen erlaubt es, Holzfaserplatten wie auch Textilreststoff und Kaffeesatz durch thermoplastische Verformung dreidimensional zu gestalten. Damit wurden individuell geformte Wandpaneele für die Unit gefertigt. Die Wandpaneele wie auch die Bodenplatten wurden aus Reststoffen von rezyklierten Denim-Fasern, gebrauchten Pappbechern und Kaffeesatz mit Hilfe eines innovativen Bindemittels und leistungsstarken Beschichtungen hergestellt. Für den Küchenbereich wurde ebenfalls in bekannten Verfahren ein neues Bindemittel eingesetzt, um mit Kaffeesatz langlebige, hochwertige Möbeloberflächen herzustellen. Die Verwendung dieser sonst ungenutzten, erneuerbaren Materialien reduziert nicht nur die Nachfrage nach neuen Rohstoffen, sondern auch den Ausstoss von Treibhausgasen. Auch für den Ausgleich sowie die thermische und akustische Isolation des Unterbodens, einer Hohlboden-Konstruktion, wurden BASF-Materialien verwendet. Dafür kam zum ersten Mal ein spritzbarer, nichtbrennbarer Tonschaum zum Einsatz.

«STEP2» – eine reale Innovationsumgebung

«STEP2» ist als Co-Creation-Plattform und Innovationswerkstatt gedacht. Die Unit wird dem «Scouting & Academic Collaborations»-Team von BASF rund um Olivier Enger fortan als Arbeitsplatz dienen. Bereits seit mehreren Jahren pflegen BASF und die Empa eine strategische Partnerschaft; das Team ist seither auf dem Empa-Campus angesiedelt. Olivier Enger ist überzeugt: «Im NEST sind wir an der Schwelle zwischen Forschung und Wirtschaft und können mit unserer Expertise viel für einen erfolgreichen Brückenschlag zwischen Labor und Markt beitragen.»

Fotos: ©Zooey Braun, ROK Architekten, Marion Nitsch / Video: Schwarzpictures.com


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